Türkische Teppichkultur am Ende? – Eine jahrhundertealte Tradition in Gefahr
Die Türkei ist für ihre Teppichkunst berühmt – doch die jahrhundertealte Tradition ist in Gefahr. Maschinell gefertigte Massenware ist billiger als Handarbeit und verdrängt nach und nach die kunstvoll gewebten Unikate. Eine junge Unternehmerin stellt sich dem Abwärtstrend entgegen und versucht, die einzigartige Teppichkultur ihrer Heimat zu bewahren. Für Damla Saydam ist der türkische Teppich eine Frage der kulturellen Identität. Doch aus dem einstigen Exportschlager ist ein Nischenprodukt geworden. Selbst in den traditionellen Teppichgeschäften des Istanbuler Großen Basars werden maschinell hergestellte Teppiche aus China, Indien oder der Türkei verkauft, die Händler handgewebter Teppiche bleiben auf ihrer Ware sitzen. Ohne Absatzmarkt lohnt sich das Geschäft für die Weberinnen und Weber nicht mehr. Für Damla ist das eine besorgniserregende Entwicklung: »Wenn niemand mehr weiß, wie man webt und knüpft und keiner mehr die alten Muster kennt, dann endet irgendwann unsere großartige Teppichkultur«, sagt die 34-Jährige. Gegen den Trend hat Damla Saydam in Bergama im Westen der Türkei ein kleines Teppichgeschäft für handgewebte Teppiche eröffnet und baut sich derzeit ein eigenes Netzwerk auf: von den Weberinnen in der Umgebung bis zu den Kunden, die bereit sind, für Naturprodukte und Handwerkskunst einen entsprechenden Preis zu zahlen. Früher stand vor allem in den ländlichen Gegenden der Türkei in fast jedem Haushalt ein Webstuhl. Doch diese Zeiten sind vorbei. Die Arbeit ist hart und schlecht bezahlt, und auf den Feldern liegen immer weniger Teppiche, die in der Sonne trocknen und bleichen. Während die Kunst des Teppichwebens oder -knüpfens einst von Generation zu Generation weitergegeben wurde, wünschen sich selbst viele der verbliebenen Teppich-Knüpferinnen heute für ihre Kinder »geregelte Berufe mit Sozialversicherung«. Für ihre Kunden lässt Damla eigene Designs weben und hofft, der Branche damit neue Impulse zu geben. Eine »Arte Re:«-Reportage von SPIEGEL TV. (07.05.2025)